Bienenwachs (lateinisch cera) ist ein von Honigbienen abgesondertes Wachs, das von ihnen zum Bau der Bienenwaben genutzt wird.

 

Aufbau und Eigenschaften

Bienenwachs besteht aus Myricin (Anteil ca. 65 Gew-%), einem Gemisch von Estern langkettiger Alkohole und Säuren, das von Palmitinsäuremyricylester C15H31–COO–C30H61 dominiert wird, daneben freier Cerotinsäure C25H51–COOH, Melissinsäure und ähnlichen Säuren (12 %), gesättigten Kohlenwasserstoffen (ca. 14 %), Alkoholen (ca. 1 %) und anderen Stoffen (wie bienenartspezifischen Aromastoffen) (6 %). Die analytische Charakterisierung des Bienenwachses findet heute in der Regel durch chromatographische Verfahren statt. Insbesondere die Kopplung Gaschromatographie/Massenspektrometrie unter Verwendung von Kapillar-Trennsäulen ermöglicht es, Verfälschungen des reinen Bienenwachses durch billigere Ersatzstoffe wie hochmolekulare Paraffine sicher zu erkennen.[2][3]

Bienenwachs ist bei Raumtemperatur gut in Terpentinöl, aber auch in erhitztem Alkohol löslich. Es hat eine Dichte von 0,95 bis 0,965 g/cm3. Die Fett-Titrationswerte betragen für die Säurezahl, Esterzahl und Peroxidzahl: 18–23, 70–80, >8.

Bei 62 bis 65 °C wird Bienenwachs flüssig und kann so von den Fasern eines Kerzendochts aufgenommen werden, wo es durch den Kontakt mit dem Sauerstoff aus der Luft unter Licht- und Wärmeabgabe verbrennt. Als Ausgangsmaterial für die Kerzenherstellung wurde es weitgehend vom preiswerten Stearin und Paraffin verdrängt.

Der Lebensmittelzusatzstoff „Bienenwachs“ trägt die Bezeichnung E 901.

Farbe

Die von den Honigbienen aus Wachsdrüsen ausgeschwitzten Wachsplättchen haben ursprünglich eine weiße Farbe. Die gelbe Färbung entsteht durch die Aufnahme eines Inhaltsstoffs des Blütenpollens, das Pollenöl, das wiederum den Naturfarbstoff Carotin enthält. Gereinigt und weiß gebleicht kommt es als Cera alba (weißes Wachs) in den Handel.

Bienenwachs in der Wirtschaft

Bienenwachs ist heute in wachsverarbeitenden Wirtschaftszweigen größtenteils durch Kunstwachs ersetzt worden. Trotzdem lässt es sich nicht vollkommen ersetzen. Größter Verbraucher von Bienenwachs ist die kosmetische und pharmazeutische Industrie, wo es Bestandteil von Cremes, Salben, Pasten, Lotionen und Lippenstiften ist. Die Produkte sind meist mit dem Hinweis „Enthält Echtes Bienenwachs“ versehen. Große Wachsmengen werden bei der Kerzenfabrikation verarbeitet. In der chemisch-technischen Industrie (Skiwachs, Wachsfarbe, Imprägniermittel, Baumwachs) spielt Bienenwachs nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei der Herstellung von Süßigkeiten auf Gelatinebasis (z. B. Gummibären) wird Bienenwachs als Überzugs- und Trennmittel verwendet. Traditionell wird Bienenwachs in Medizin und Physiotherapie als Wärmepackung angewendet bei Husten, Erkältungen, Schmerzen der Muskeln und Gelenke. Von der Antike an fand Wachs auch als Arzneiträger in Wachssalben bzw. Wachspflastern (fachsprachlich auch Cerat, Ceratum bzw. cerotum) sowie Wachspillen (cerotum rotundum, als Wachszäpfchen bzw. Wachspessar) Verwendung.

Wachskreislauf der Imker

Ein großer Wachsverbraucher ist die Bienenwirtschaft, in der ein eigener Wachskreislauf besteht. Das Wachs wird zunächst von Honigbienen für das Bauen der Bienenwaben erzeugt. Die ursprünglich hell-gelben Waben nehmen nach einiger Zeit im Bienenvolk durch das Bebrüten eine braun-schwarze Farbe an. Der Imker entnimmt aus hygienischen Gründen die alten, braunen Waben. Diese Altwaben werden durch Hitze und Wasserdampf eingeschmolzen. Nach der Trennung der Schmutzstoffe entsteht wieder helles, reines Wachs. Daraus werden neue Wachsmittelwände gegossen, die die Imker in ihre Völker geben und auf denen die Bienen erneut Waben bauen. Das Einschmelzen der Waben kann der Imker mit einem Dampfwachsschmelzer oder einem Sonnenwachsschmelzer selbst vornehmen. Im Imkerfachhandel gibt es auch Ankaufstellen, die altes Wabenwerk aufkaufen oder gegen frisch gegossene Wachsmittelwände eintauschen. Die Erzeugung neuen Bienenwachses durch die Bienen kostet sehr viel Energie. Es wird geschätzt, dass die Bienen zur Produktion eines Kilogramms Wachs etwa sechs Kilogramm Honig verbrauchen.

Rückstandsproblematik

Seit dem Auftauchen des Bienen- und Brutparasiten der Varroamilbe in Europa ab 1979 ist die Wiederverwendung von Bienenwachs im Wachskreislauf problematisch geworden. Dies liegt daran, dass viele synthetische Behandlungsmittel gegen diese Milbe fettlöslich sind und sich damit im Wachs anreichern können. Die Imker, insbesondere im deutschsprachigen Raum, haben inzwischen reagiert und verwenden vermehrt alternative Bekämpfungsmethoden. Hierbei werden beispielsweise die organischen Säuren Milchsäure, Ameisensäure oder Oxalsäure eingesetzt. Oxalsäure, oder deren Salze (Oxalate), kommen natürlich im Stoffwechsel von Mensch und Tier vor und auch in Nutzpflanzen wie dem Rhabarber. Ameisensäure ist auch natürlich in einigen Honigen, wie dem Kastanienhonig, enthalten. Deshalb werden Rückstände von alternativen Bekämpfungsmethoden in geringer Konzentration als harmlos eingestuft. Auch sind diese Stoffe nicht fettlöslich und reichern sich deswegen nicht im Bienenwachs an.

Wachsverfälschung

Der hohe Preis macht Bienenwachs zu einem Feld der Verfälschungen mit billigeren Wachsen, wie Stearin und Paraffin. Der typische Geruch des Bienenwachses kann durch die Zugabe von Propolis erhalten werden. Die Vermischung mit den industriellen Wachsen ist nur durch aufwändige analytische Verfahren nachzuweisen. Bei der Verwendung des verfälschten Bienenwachses als Kerzenwachs ist nur die Täuschung problematisch, während bei der Umarbeitung zu Mittelwänden massive Schäden am Bienenvolk entstehen können. Die Bienen akzeptieren das verfälsche Wachs meist und bauen die Mittelwände zu Waben aus. Auch die Königin stiftet in diese Waben, aber große Teile der Brut stirbt innerhalb kürzester Zeit ab. Ohne imkerliches Eingreifen durch Austausch mit echtem Bienenwachs verkümmern diese Völker endgültig und überstehen den nächsten Winter nicht.

   
© Imkerei-Seewald Klaus